Praxisfelder

Bildung


 

Wird im Bildungsbereich über professionelles Handeln diskutiert, so ist der Kompetenzbegriff allgegenwärtig. Allerdings ist die Kluft zwischen (über-)komplexen Modellen und unterkomplexer Empirie auffällig. Es zeigt sich, dass gängige Qualitätsmaßstäbe zur Kompetenzbeurteilung von Lehrpersonen nahezu ausnahmslos auf Basis von Befragungen sog. Fachexperten aus Bildungspolitik und Wissenschaft entstanden sind. Inwieweit die derart ermittelten Normen empirisch gestützt sind oder sich lediglich daran orientieren, was in der jeweiligen Fachkultur als Common Sense gilt, bleibt weitestgehend unklar. Um demgegenüber Kompetenzen der Lehrtätigkeit in Bildungseinrichtungen näher an der Praxisrealität auszuloten, bedarf es der direkten Beobachtung unterschiedlicher Lernkontexte. Erst hier klärt sich auf, welche Kompetenzen tatsächlich ausschlaggebend sind, um den jeweiligen Bildungszielen gerecht zu werden.

Zusätzlich gilt es, die Lernenden selbst stärker als bislang zu berücksichtigen: Was und wie rezipieren sie die beobachteten Lehr- und Unterrichtseinheiten – d.h. was bleibt hängen und was nicht, welches Verhalten der Lehrpersonen wird auf welche Weise wahrgenommen und warum.

Aus diesen empirischen Erkenntnissen ergibt sich in der vergleichenden Betrachtung ein Mosaik aus relevanten Komponenten, die in die Kompetenzbeurteilung einer bestimmten Lehrtätigkeit einfließen müsste.
Weit weniger Aufmerksamkeit als die Unterrichts- bzw. Lehrtätigkeit erhält in der Kompetenzdiskussion die Beratungstätigkeit von Lehrpersonen. Deren Relevanz und Wirkung im Hinblick auf Lernbiografien wird noch immer auffällig unterschätzt und ist auch kaum untersucht. Zwar wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass bspw. kooperative Elternarbeit – Stichwort „Erziehungspartnerschaft“ – an Schulen außerordentlich wichtig wäre, aber jenseits von allgemeinen Gesprächsführungskompetenzen werden die hier bestehenden Anforderungen selten weiter differenziert. Vor allem die Tatsache, dass Eltern je nach sozialer und kultureller Herkunft ganz unterschiedlichen Erwartungen und Befürchtungen an solche schulischen Beratungssettings herantragen, sollte durch entsprechende Interviews im Nachgang beobachteter Elterngespräche sichtbar gemacht werden.

Und auch im Bereich der Hochschule bzw. insbesondere der mittlerweile allgegenwärtigen hochschuldidaktischen Beratung gelten diese Befunde: Weder ist viel über den eigentlichen Beratungsprozess zwischen Hochschullehrenden und Hochschuldidaktik bekannt. Noch weiß man so recht, wie Hochschullehrende als „Belehrte“ in Workshops und Zertifikatsprogrammen der Hochschuldidaktik diese wahrnehmen, was von den diversen Angeboten tatsächlich hängenbleibt, oder ob bzw. wie dadurch ihre Lehre und/oder ihrer jeweiligen Haltungen verändert werden.

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